Auf den ersten Blick scheint es ganz einfach: Der Gemeinderat hat beschlossen, dass er nur dann über das Aufstellen von Vergnügungsparkgeräten auf der Luisenhöhe verhandelt, wenn (neben anderen Bedingungen) ein Einvernehmen mit der Nachbarschaft erzielt wird. Das begrüsse ich aus Sicht des Mitspracherechts sehr. Es wirft aber folgendes Problem auf: Es ist unklar, wer gemeint ist – und wie genau das Einvernehmen aussehen soll.
Wenn ich jemand in eine Entscheidung einbeziehe, dann ist es wichtig, dass ich VOR der Entscheidungsfindung klarstelle, wer einbezogen wird und wie. Damit verringere ich die Gefahr, dass Menschen im Nachhinein vom Mitreden ausgeschlosen werden, weil sie eine unliebsame Meinung haben.
Wer gehört zur Nachbarschaft?
Wenn ich Nachbar:innen mitreden lassen möchte, dann ist wichtig, dass ich mich vorher frage: Wer sind den „die Nachbar:innen“?
- Rede ich von Menschen, die neben mir wohnen oder von Menschen, die die neben mir Grund besitzen? Ist jemand, der/ die eine Wiese neben meinem Haus bewirtschaftet aber in einem anderen Ortsteil wohnt meine Nachbarin – oder doch nicht? Wie sieht es aus, wenn die Person im Nachbarort wohnt? Oder gar ganz woanders?
- Wenn ich von Menschen rede, die neben mir wohnen: Sind nur diejenigen Nachbar:innen, die Hauptwohnsitz haben, oder auch die, die einen Nebenwohnsitz haben?
- Wenn ich in einem Wohnblock wohne: Sind meine Nachbar:innen diejenigen, die auf meinem Stock leben – oder auch die in meinem Haus – oder auch die in den Wohngebäuden nebenan?
- Falls ich ein Unternehmen betreibe: Sind die Nachbar:innen diejenigen, deren Grund an mein Grundstück angrenzt – oder die, die von den Umweltbelastungen meines Unternehmens betroffen sind? Anders gesagt: Ziehe ich eine rechtliche Definition heran – oder sage ich: Nachbarn sind die, auf die sich meine Tätigkeit auswirkt.
Das hört sich jetzt recht theoretisch an, ist aber in Haag am Hausruck – z.B. in Bezug auf das Naherholungsgebiet an der Luisenhöhe und die Asphaltmischanlage in Reischau – von ganz praktischer Bedeutung. Wenn es z.B. in Hinteregg wegen der Asphaltmischanlage in Reischau stinkt – dann sind das rechtlich gesehen vielleicht nicht immer Nachbar:innen – aber sie sind von den Emissionen der Anlage betroffen. Dasselbe gilt für die Luisenhöhe und die Menschen am Oberntor und in Ditting: Wenn mehr Besucher:innen kommen, haben sie mehr Verkehr vor der Haustor. Sie sind also betroffen. Ich finde: Die Menschen in Hinteregg, Oberntor und Ditting müssen dann natürlich auch mitentscheiden dürfen. Andere sehen das anders.
Darum ist wichtig, dass wir VOR einer Entscheidung über einen Einbezug der Nachbarschaft diskutieren und entscheiden, wer für uns zur Nachbarschaft gehört.
Wann ist ein Einvernehmen erzielt?
Der Gemeinderatsbeschluss vom 13.11.2025 sieht einen Einbezug der Nachbarn in die Entscheidung zur Reaktivierung der Bahnen auf die Luisenhöhe vor. Für mich ist unklar, wie dieser Einbezug genau aussehen soll. Der Antrag wurde nämlich unmittelbar vor der Abstimmung nicht vollständig im Wortlaut vorgelegt, sondern es wurde in Bezug auf den Einbezug des Nachbarschaft gesagt: „wie vorhin im Antrag formuliert“.
Das Problem daran ist: Im Zuge der vorgängigen Beratungen wurde in Bezug auf Nachbarschaft vom Antragsteller zuerst gesagt, dass der Interessent zumindest einen Termin mit Nachbarn schon gehabt haben muss, wo er zumindest eine erstes Einvernahmen hat. Später wurde vom Antragsteller gesagt, dass der Interessent den Nachbarn das wirklich gezeigt haben muss und diese „uns“ (dem Gemeinderat?) im Gespräch sagen: Ja, mit sowas kann ich leben. Das ist zwar ähnlich, aber nicht genau dasselbe.
Unabhängig davon ist beides unklar. Es stellt sich einerseits die Frage: Wer genau muss dafür oder dagegen sein, damit das „ein erstes Einvernehmen“ ist? Eine Mehrheit? Alle? Dasselbe gilt für: „sie können damit leben“. Heisst sie, dass alle damit leben können? Oder ist es ok, wenn es die Mehrheit ist? Falls ja, welche Mehrheit (mehr als die Hälfte, mehr als Dreiviertel? Oder anders gefragt: Wie viele Personen müssen dagegen sein, damit es kein Einvernehmen mehr ist? Genügt eine? Oder müssen es mehrere sein? Falls ja: Wie viele?
Warum ich das frag (Schwarzer Peter)
Ich bin Grundanrainerin der Luisenhöhe. Für mich ist klar: Ich kann nicht mit dem Projekt leben. Es gibt da meinerseits sicher kein Einvernehmen. Darüber, dass mir dann der schwarze Peter zugeschoben wird bin ich zwar nicht erfreut – aber ich kann damit leben. Das gebe ich allen Interessierten gerne schriftlich (bzw. habe das hiermit auch gerade öffentlich getan).
Man könnte also den ganzen Prozess gleich jetzt abkürzen und sagen: Es gibt kein Einvernehmen der Nachbarschaft, weil eine Grundanrainerin sicher nicht einverstanden ist. Dann könnten wir uns umgehend der Frage zuwenden: Wie organisieren wir den Abriss bzw. die wirtschaftliche Verwertung? Der Interessent könnte sich die Bemühungen um einen Nachweis sparen, dass die Bahn im Veranstaltungsrecht genehmigt werden kann. Und mit der Hangbesitzerin müsste er auch nicht reden. Kurz: Alle würden Zeit sparen.
Dem ist aber – vermutlich – nicht so. Weil nämlich unklar ist, ob mit Einvernehmen der Nachbarschaft gemeint ist: Alle Nachbar:innen müssen einverstanden sein und zu allen Nachbar:innen zählen auch die Grundanrainer:innen.
Unklarheit schafft Schlupflöcher
Das bringt uns dazu, warum es wichtig ist, Anträge direkt vor der Abstimmung nochmal im gesamten Wortlaut zu wiederholen und VORHER zu definieren, was denn genau gemeint ist.
Am Donnerstag, 13.11. hat das in Bezug auf die Zukunft der Luisenhöhe niemand im Gemeinderat eingefordert. Das gibt dem Gemeinderat nun die Möglichkeit, sich Schlupflöcher zu suchen, wenn die Nachbarschaft nicht geschlossen ja sagt – und er aber doch gerne Verhandlungen führen möchte.
Der Gemeinderat kann z.B. mich entweder im Nachhinein aus der Definition von Nachbarschaft ausschliessen – oder er kann „Einvernehmen der Nachbarschaft“ bzw. „die Nachbarschaft kann damit leben“ so definieren, dass es diesbezüglich keine Einstimmigkeit braucht.
Oder der Gemeinderat kann den Interessent die Rechtssituation abklären und die Zustimmungen der Hangbesitzerin einholen lassen und dann sagen: Sorry, geht leider trotzdem nicht, weil die Nachbarschaft ist nicht dafür.
Möglichkeiten gibt es viele. Sie haben eines gemeinsam: Sie sind alle in Bezug auf den Umgang miteinander unschöne Optionen.
Was lernen wir daraus
Wenn man sich vor eine Abstimmung nicht die Zeit nimmt, klarzustellen, was genau gemeint ist, so verliert man nachher Zeit. Die Zeit für das Wiederholen des gesamten Wortlauts eines Antrags bevor er abgestimmt wird – und für die Klärung dessen was genau gemeint ist, ist also immer gut investiert.
Zum Weiterlesen
Neuausrichtung Tourismus Luisenhöhe – ungelöste Probleme (mit zahlreichen Bildern zum Problem des wilden Parkens während des Betriebs der Bahn). 15.09.2021.
Veröffentlichung
Änderungen
- —
Letzte Änderungen